Freigänger sind kein Freiwild

Gestern las ich in einer regionalen Facebook-Gruppe einen Post, in dem die Besitzer einer vermeintlich entlaufenen Katze gesucht werden.

Die „gefundene“ Katze, um die es in besagtem Post geht, tauchte an gerade mal zwei aufeinander folgenden Tagen im Garten der Person auf, die den Post verfasst hat. Die Katze wirkte wohlgenährt, sah rundum gesund aus und schien zudem völlig entspannt.  Sie schmuste und ließ sich anstandslos anfassen und streicheln.

Für mich sprach zunächst alles dafür, dass die Katze ein Zuhause hat, gut versorgt wird und schlicht und einfach ein Freigänger ist. Trotzdem gibt es eine Suchmeldung im Internet und es wird nach Ordnungsamt und Tierschutz „gerufen“. Es melden sich sogar schon Interessenten, die das Tier aufnehmen wollen. Hallo? Ich lese so etwas leider nicht zum ersten Mal.

Freigänger? Es gibt sie wirklich!

Auch wenn es in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen immer mehr „in Mode“ gekommen ist, Katzen ausschließlich in der Wohnung zu halten, so gibt es doch immer noch den ein oder anderen Freigänger und darunter sogar Rassekatzen. Wenn es die örtlichen Bedingungen zulassen, das Tier kastriert ist und ohne Halsband unterwegs, ist dagegen – den Vogelschutz mal außen vor gelassen – grundsätzlich auch nichts einzuwenden.

Die Einstellungen der Katzenhalter sind hier sehr unterschiedlich. Jeder sollte selbst abwägen und eine Entscheidung für sich und sein Tier treffen. Ich selbst habe mich vor längerem dazu entschieden, meinen Jungs keinen Freigang zu gewähren. Jedenfalls nicht ungesichert.

Pendlerkatze Mausebär

Irgendwo hier in der Nachbarschaft gibt es offensichtlich jemanden, der diese Sache völlig anders sieht. Vor gut drei Jahren tauchte in unserem Garten erstmals eine rote Maine-Coon auf. Ich vermute, es ist ein kastrierter Kater. Zunächst dachte ich oh je, bestimmt ist der wem weggelaufen.

Ich beobachtete ihn eine Weile. Sein Fell sah recht gepflegt aus und er bewegte sich draußen, als wäre es ihm nicht fremd, sich so frei bewegen zu dürfen. Entlaufene Wohnungskatzen habe ich in solch einer Situation bislang eher als sehr verstört und ängstlich in ihrem Auftreten erlebt.

Da er sich ohnehin nicht anfassen ließ, schoss ich ein paar Fotos und hielt Ausschau in regionalen Gruppen, auf Tierschutzseiten und entsprechenden Suchgruppen auf Facebook. Auch im Tierschutzverzeichnis und bei ebay-Kleinanzeigen schaue ich in solchen Fällen immer wieder mal nach.

Aber niemand schien nach dem roten Prachtburschen zu suchen. Also beließ ich es erstmal dabei.

Der süße Kerl, der von uns mittlerweile Mausebär oder 3.5 genannt wird, kommt uns seither regelmäßig besuchen. Inzwischen kommt er bis an die Terrassentür und holt sich seine Streicheleinheiten ab. Im Sommer lässt er sich auch gern mal mit Katzenangeln aus Haselzweigen von uns bespaßen. Percy und Rassi stürmen vor Begeisterung zur Terrassentür, sobald unser kleiner Besucher mal wieder einen Streifzug durch unseren Garten macht. Und auch Schatzi hat schon lange kein Problem mehr mit unserem pelzigen Gast. Hätte er kein Zuhause, würde er nach all der Zeit anders aussehen.

Fazit

Hätte ich damals gleich den Tierschutz und/oder das Ordnungsamt eingeschaltet, wäre „unser Mausebär“ vielleicht eingefangen und untergebracht worden. Nicht jedes Tier hat einen Chip und selbst wenn Tiere gechipt sind, ist der Chip oftmals nirgendwo registriert worden. Schlimmstenfalls nimmt man einer Katze durch solch eine Aktion völlig sinnlos ihr Zuhause und einer Familie ihren geliebten Vierbeiner. Darüber hinaus entstehen Tierschutzvereinen unnötig Kosten und Arbeit.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass hinter solchen Posts – wie es auf Social-Media Plattformen häufig der Fall ist –  das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit steckt.  Die Verfasser präsentieren sich als Tierfreunde und Retter und die Resonanz ist groß. Wie bei vielen Posts auf besagten Plattformen hat man den Eindruck, dass vor dem Klick auf den Senden-Button nicht wirklich mal gründlich überlegt wurde.

Ich möchte ganz bestimmt nicht zu Unachtsamkeit aufrufen. Auch ich halte Augen und Ohren offen, wenn ich frei laufende Katzen oder Suchmeldungen sehe.  Aber nicht jede Katze, die draußen herumläuft, ist entlaufen oder wird vermisst. Manchmal handelt es sich einfach nur um einen Freigänger, der ein liebes Zuhause hat und der unseren Garten in sein Revier eingeschlossen hat. Es gibt einen recht großen Spielraum zwischen Unachtsamkeit und überzogener Fürsorge. Diesen sollte man für eine verantwortungsbewusste Entscheidung nutzen.

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6 Kommentare

  1. Barbara SchwarzBarbara Schwarz

    Liebe Andrea – unser kastrierter, rotweißer Kater Felix vulgo „Flixi“, geb. am 09.04.19, bei uns seit Ende Juni 2019, ist passionierter Freigänger in unserem Garten und der Umgebung und ausgesprochen abenteuerlustig, begeistert Maus-jäger, der öfter mal seine Trophäen (oft noch lebend…) nach Hause bringt – und leider auch ab und zu ein Vögelchen. Ich bin dann zwar traurig, aber das ist Natur, während ich die menschliche Jagd auf Tiere mit Waffen in der heutigen Zeit als Anachronismus betrachte. Flixi begleitet mich oft, wenn ich mit unserem Rough Collie-Rüden Avalon, von mir „Lonnie“ genannt, spazierengehe – ich nehme dann allerdings Rücksicht und entferne mich nicht sehr weit vom Zuhause. Lonnie ist genau einen Tag jünger als Flixi – die beiden verstehen sich prächtig…allerdings begibt Flixi sich, wenn’s ihm zuviel wird, in die für Lonnie unerreichbare 2. Ebene. Die beiden sind miteinander aufgewachsen und lustigerweise beide weißrot mit weißer umlaufender Halskrause. Wenn mein chronisch kranker Lebensgefährte und ich selbst aufgrund unseres schon fortgeschrittenen Alters (77 und bald 74) mal nicht so fit sind, spielen wir mit dem Hund im Garten, damit er ausreichend Bewegung macht. Deinen Blog finde ich ganz toll und hab ihn grade abonniert! Hab grad bisschen geweint wg. Schatzi…
    ganz liebe Grüße von Barbara aus dem nordöstlichen Weinviertel/Niederösterreich!

    • AndreaAndrea Autor dieses Beitrags:

      Liebe Barbara, nun komme ich endlich zum Antworten. Herzlichen Dank für diesen schönen Kommentar. Obwohl ich nur einen einzigen rot-weißen Kater hatte – oder wie ich es zu nennen pflege, nur ein Erdbeerlöckchen – hat es mir diese Farbe doch besonders angetan. Sie haben schon etwas Besonderes. Aber schlussendlich bestechen sie uns dann ja doch durch ihr zauberhaftes Wesen und nicht durch ihr Äußeres. Ich freue mich sehr, dass dir der Blog gefällt. Ganz liebe Grüße zurück – auch an deine vierbeinigen Begleiter – von Andrea und den drei Jungs

      • Barbara SchwarzBarbara Schwarz

        Liebe Andrea –
        lieben Dank für deine nette Antwort!
        Wir hatten vor vielen Jahren einen gänzlich roten, ebenfalls kastrierten Kater namens „Bezi“, dessen Tod 1985 nach 15 wunderbaren Jahren mich so tief traf, dass ich lange Zeit kein Tier mehr haben wollte, zumal einige Zeit danach auch seine unübertreffliche und unersetzliche Betreuerin gestorben war, die in der Nachbarschaft wohnte und sich, wenn wir in Urlaub waren, wahrhaft hingebungsvoll um ihn gekümmert hat. Er war auch ein Freigänger. Wir hatten ihm in einem offenen Schuppen im Garten eine versteckte Ecke mit einer Styropor-gedämmten, mit Decken ausgekleideten Kiste eingerichtet, in die er sich zurückzog, wenn es ihm draußen zu gefährlich wurde oder er nach Kämpfen mit anderen Katern verletzt war. Wenn er morgens nicht heimkam, suchte ich ihn immer sofort dort – und er kam dann doch heraus, und oft hatte er dann schon einen Karbunkel am Kopf, der natürlich schmerzte. Ich legte ihm dann immer einen mit warmem Kamil-lentee getränkten Tupfer auf, und er hatte soviel Vertrauen zu mir, dass er sich das gefallen ließ. Durch die feuchte Wärme wurde die Beule dann weich, und ich konnte sie mit einer in einer Ker-zenflamme sterilisierten feinen Nadel aufstechen und den Eiter ausleeren. Anschließend desin-fizierte ich die Wunde mit Salizylspiritus, und am nächsten Tag war das schon wieder heil. Er hat sich diese Prozedur nach der ersten guten Erfahrung stets widerstandslos gefallen lassen, weil er die Erfahrung gemacht hatte, dass es ihm dann sofort wieder gut ging, und es gab auch nie eine Komplikation.
        Ich habe ihn – tränenblind – hinten im Garten unter einem Baum begraben, und eine ganze Woche lang immer wieder so bitterlich geweint, dass ich mir nicht vorstellen konnte, ihn „zu ersetzen“. Jahrelang hab ich getrauert, und als seine Betreuerin starb, konnte ich mir absolut nicht vorstellen, wieder eine Katze zu halten.
        Im Herbst 2016 starb nach langer Pflege mein geliebter Mann. Ich verfiel im Laufe eines Jahres in tiefe Depression, bis ich mir einen Ruck gab und mir wieder einen Partner wünschte. Ich hatte großes Glück, nach einem Fehlschlag innerhalb von 2 Wochen wieder einen Lebensmenschen zu finden. Er ist inzwischen leider auch krank, aber wir hatten zwei Jahre, in denen wir oft auf Reisen waren. Seine Krankheit ließ uns „leiser treten“, und so beschlossen wir 2019, unser Leben mit zwei Haustieren, eben Hund Lonnie und Kater Flixi zu teilen – wir sind sehr glücklich mit den beiden – und sie mit uns!
        Ich wünsche Dir viel Freude und noch viele kreative Einfälle!
        Ganz liebe Grüße von Barbara!

        • AndreaAndrea Autor dieses Beitrags:

          Unser Schatzi hatte auch so eine Styroporbox für die kalten Tage und Nächte in der Eifel. Sie steht nun über 10 Jahre hier rum und ich bringe es nicht übers Herz, sie wegzuwerfen. Liebe Grüße Andrea & Jungs

          • Barbara SchwarzBarbara Schwarz

            Danke – ja, man weiß ja nie, ob man sowas nicht noch mal braucht…hi hi…und so sammelt man immer wieder – und hat man endlich mal tabula rasa gemacht, dauert’s nicht lang, bis wieder alles gerammelt voll ist…LG Barbara

  2. Martha nur mit HundMartha nur mit Hund

    Als Hundemensch aus der Stadt kann ich mich an solche eine Begegnung noch gut erinnern. Und ja, ich war verunsichert. Es ist doch kalt draußen. Aber gut genährt und gepflegt hatte sie ja ausgesehen und wir waren ja am Land. Bei einem Hund hätte ich wohl sofort mehr getan glaube ich, bei der Katze mal die Suchmaschine angeworfen.
    Als Tierliebhaber gar nicht einfach so eine Situation, aber dass es Freigänger gibt, ich glaube das kann man schon wissen. Die streunen und besuchen halt offensichtlich – wieder etwas gelernt. Guter Artikel!

    Herzliche Grüße
    Martha

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